Die Herrlichkeit der Welt hat sich um eine neue Schönheit bereichert!
Ich möchte Ihnen heute ein Meisterwerk der konzentriertesten Forms der UX-Literatur vorstellen, der oft einzeiligen Lyrik des Interaktionsdesign, der Fehlermeldung.
Sie erschien mir bei dem Versuch, eine einfache Buchung zu tätigen, was die Eingabe einer Telefonnummer erforderte. Als ich diese, wie alle anderen Daten, zu meiner Zufriedenheit eingegeben hatten, wollte ich das Formular absenden und bekam dies zu sehen:
Wie alle große Kunst, erwischt sie ihr Publikum also da, wo es das wenigsten erwartet.
Wie ein wilder Stier
Diese einfache, klare Aussage, die den Leser – wie es nur Lyrik kann – in rauher, kahler Reinheit auf sich selbst zurück wirft, öffnet doch zugleich den Blick auf die Wahrheit. Nur wer selbst den Fehler erkennt, kann wahre Erkenntnis erlangen. Jede Hilfestellung, jeder Hinweis ist nur eine Krücke, die für den aufrechten Gang des freien Geistes weggeworfen werden muss!
Mut, Kühnheit und Auflehnung werden die Wesenselemente unserer Dichtung sein
Diese Lyrik erinnert in ihrer Wucht an einen Physiklehrer der 8. Klasse, der – unzufrieden mit meinen Ausführungen an der Tafel – diese mit einem deutlichen “Falsch!” quittierte, ohne auch nur den geringsten Hinweis darauf, was Falsch sei oder wie dies behoben werden könnte. Hier wie dort: der Meister beugt sich keinem verlogenen, kommerziellen Kompromiss an die Anforderungen des Marktes, die Tyrannei eines verwöhnten Publikums.
Aufbruch
Diese großartige Literatur zwingt ihr Publikum, eigene Wege zu gehen. Sie warf mich auf meinen Intellekt zurück, auf meinen verschütteten Forscherdrang. Ich versuchte die eine oder andere Variation der Telefonnummer, ließ Strich und Plus weg, bekam aber immer wieder den ästhetischen Kampf dieser einen, kleinen Zeile entgegen geschleudert, bis letztendlich eine kleine 0 – oh Ironie! – am Beginn der Zahlenreihe das Sesam-öffne-dich war, das mich auf die nächste Ebene der Erkenntnis ließ.
Und in dieses berauschende Gefühl geht auf in der vibrierenden Glut der Erkenntnis: hier besingt ein großer Meister die neue Zeit, die Herrschaft der Maschinen in einer lakonischen Mächtigkeit, die ihresgleichen sucht. Chapeau!